Kuratiert
von Christina Nägele
PARALLEL VIENNA 2020
RUDOLF-SALLINGER-PLATZ 1, 1030 Wien
7.
Stock, Raum 7.01-7.03
22. – 27.9.2020
Sieben
Künstler_innen, die zwischen 2015 und 2020 ihr Studium an der Abteilung Ortsbezogene Kunst (Paul Petritsch, Universität für
angewandte Kunst Wien) abgeschlossen haben, zeigen im Rahmen der Parallel Vienna aktuelle künstlerische Arbeiten. Eine Annäherung
an die Vielfalt der künstlerischen Praktiken. Energie und Freude. Fragmente, Einblicke. Nur ein Dazwischen. Vielfältige Wege.
Abstrakte
Wege in Linien gefasst, ein Versuch der Orientierung auf der Leinwand. Pink Mountain von Alice von
Alten. Eine Neuinterpretation von Natur, Umwelt, Landschaft und auch eine Auseinandersetzung mit dem Selbst. Während
der Krise. Dann der Blick von Oben auf eine kultivierte, bunte Landschaft: Urban Landscape. Orientalische
Teppiche von abstrahieten Gärten transferieren das Draußen nach Innen. Abstrahierte Draufsicht. Eine Skulptur aus Teppichresten.
Die Landschaft in den Raum gekippt.
Erzählungen über Orte der Massenproduktion. Postproduktion: Abfälle und
Überreste des Laserdrucks werden im Druckverfahren aufgewertet und „reaktiviert“. Die Leerstellen der Laserformen deuten auf
ein Abwesendes hin, bilden in ihrer geometrischen Anordnung neue Räume und aktivieren die Erinnerung an den Prozess der Arbeit.
Francesca Aldeganis The Working Memory Collection. Darstellungen wie Karten von Karten. Eine Serie, kontinuierlich
fortgeführt, wie der industrielle Prozess.
Virtuelle Karten- und Weltmodelle beeinflussen den physischen Raum. Sie
zeigen nicht die Wirklichkeit, sondern nur Ausschnitte. Eine imaginäre Reise mit Google Street View in sieben Länder zu den
Datencentern von Google. Eine Annäherung an Lanschaft und wie sie sich darstellen lässt, dargestellt wird. Postcorona? Analog
abfotografiert. Benedikt Meixls Your Cloud Storage is Almost Full. Im Transfer aus der digitalen Sphäre in
die Dunkelkammer werden die Bilder zu Objekten. Vordigital. Sie erzählen von den Orten der Datenlagerung. Ein eigenes Narrativ
über diese Machtorte der Tech-Konzerne.
Eine andere Form von Erzählen. Ein Fisch berichtet. Der Sonnenbarsch.
Postfaktisch? Christina Grubers Suns of the Cloud. Fakt ist die konkrete Auswirkung von digitalen Netzwerken
und deren Infrastrukturen auf unsere Umwelten. Auf die Gewässer, die von den Servern gewärmt werden. Sozio-politische und
ökologische Veränderungen gehen damit einher, die werden auf dem Rücken „nicht-heimischer" Arten, wie dem Sonnenbarsch, ausgetragen.
Eine Erzählung, durch die sich auf verschiedene Arten navigieren lässt.
Der Titel ist der erste Schritt
ins Feld von Irene Reichart. Immer ein anderes Denkfeld. Ein Netzwerk von Anschauungen, Ideen, Konzepten,
Begriffen. Der Text kann linear, der Nummerierung, dem Gedankenstrom folgend gelesen werden. Postdramatisch. Eine andere,
zusätzliche Möglichkeit, sich durch das Denkfeld zu bewegen, bieten die Hyperlinks. Eine Verbindung zwischen den Zeilen. Durchquerung.
Ein Weg, mehrere, verzweigt.
Ein anderer Weg: die Aneigung eines Ortes durch das permanente Vor-Ort-Sein.
Schlafen auf dem Dach, unter freiem Himmel. Not allowed here. Der Rahmen definiert die Möglichkeiten. Das Leben und Arbeiten
als kontinuierliche Performance. Gespiegelt, was im Kapitalismus ist. What Will I Do Here? von Hanna
Burkart. Ein Arbeitstitel. Sie reagiert, auf das, was da sein wird, auf die Fülle und die Fragmente.
Orte,
die durch die Erzählung entstehen. Die durch Daten abgebildet werden. Astronaut von Nadine Hirschauer.
Ein Wetterballon, raumfüllend aufgeblasen. Seiner Bestimmung enthoben. Post-Cloud. Er verunmöglicht den Raum, verdichtet ihn,
trotzdem tänzelt er, kommt aber nicht weg und nicht raus. Fliegt nicht in die Stratosphäre, um an meteorologische Daten zu
gelangen. Aktuell. Im Zuge des eingeschränkten Flugverkehrs durch die COVID-19 Pandemie steigen mehr Wetterballone auf um
an meteorologische Daten zu kommen. Es fliegen zu wenige Flugzeuge im Moment. Eine Sehnsucht nach Orten, die anderswo sind.
Biografien
Francesca
Aldegani
Lebt und arbeitet in Wien. Thespacearound.me ist das Pseudonym der Künstlerin und spiegelt
sich als Statement in ihrer künstlerischen Arbeit. Sie erforscht in ihrer Arbeit die Bedeutung von Animismus und der Einheitlichen
Feldtheorie. Sie beleuchtet die instinktiven und rituellen Aspekte ihrer künstlerischen Konzeption, und übersetzt sie in textile
Skulpturen, experimentelle Drucke und ephemere Installationen. In den Prozess ihrer künstlerischen Produktion integriert sie
gefundene und gesammelte Materialien aus industriellen oder volkstümlichen Umgebungen.
Alice
von Alten studierte von 2010 bis 2016 Landschaftsdesign/Ortsbezogene Kunst an der Universität für angewandte Kunst
Wien und besuchte 2015 die Klasse Inter-Architecture an der Rietveld Academie in Amsterdam. In ihren medienübergreifenden
Arbeiten untersucht und hinterfragt sie die kulturelle Vermittlung von Naturbildern und -vorstellungen. Durch Dekonstruktion
und Dekontextualisierung vertrauter Bilder, welche in neue Kompositionen fließen, erforscht sie Wege der Natur- und Selbstwahrnehmung.
Hanna Burkart
studierte Industriedesign und Ortsbezogene Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. In ihren Arbeiten setzt sie
sich mit konstruktiven Formen des Tuns und Nichts-Tuns auseinander, mit den Wechselwirkungen von Räumen und unserem Verhalten,
sowie den räumlichen und sozialen Aspekten alltäglicher Kulturtechniken, wie dem Gehen, dem Schlafen und dem Wohnen. Seit
April 2016 lebt die Künstlerin bewusst ohne fixen Wohn- und Arbeitssitz. Neben der Entwicklung und Dokumentation ihrer nomadischen
Lebensweise, sieht sie das Schlafen und Wohnen als performative Praxis, um Räume und soziale Gegebenheiten vielschichtig zu
erleben. Daraus entstehen ortsbezogene Arbeiten – Fotografien, Objekte, Installationen oder Interventionen.
Christina
Gruber, geboren 1987, ist Künstlerin und Gewässerökologin, die an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft arbeitet.
Sie hat zuletzt in der Kunsthalle Exnergasse Wien, Ars Electronica Festival Linz, Kunstforum Warschau, Kulturtankstelle Linz
und im Chronus Art Center Shanghai, CAC New Orleans, HGK Basel ausgestellt.
Christina Gruber ist wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Institut für Hydrobiologie an der BOKU Wien und arbeitet dort zur Wiederbesiedlung des Störs in der Donau.
Nadine Hirschauer
wurde 1990 in Feldkirch geboren, wo sie heute lebt und arbeitet. Sie studierte Landschaftsdesign/Ortsbezogene Kunst an der
Universität für angewandte Kunst Wien und als Gast an der Kunming University for Art & Design in China. Sie hat zahlreiche
Projekte im In- und Ausland durchgeführt, bei denen sie Landschaftsmodelle und den öffentlichen Raum im Bezug zu sozialen
und gesellschaftlichen Strukturen untersucht. Ausgehend von der Annahme, dass jeder Ort aus Geschichten besteht, durch die
wir ihn erst konstruieren, entwickelt sie ortsspezifische Interventionen, Installationen und Texte.
Benedikt
Meixl, 1990 in Hallein geboren, studierte Kultur- und Sozialanthropologie, Architektur und Bildende Kunst. 2020 diplomierte
er an der Universität für Angewandte Kunst an der Abteilung für Ortsbezogene Kunst. Seine Arbeit dreht sich um die scheinbar
widersprüchlichen Eigenschaften von Materialien, Funktionen, Formen und Medien.
Irene
Reichart, geboren 1987, lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte Landschaftsdesign/Ortsbezogene Kunst an der Universität
für Angewandte Kunst in Wien. Viele ihrer Arbeiten entstehen aus einer Auseinandersetzung mit Prozessen in der Natur, die
auf ihr gestisches und poetisches Potenzial hin befragt werden.
Werkliste:
/ Details fehlen.
Francesca Aldegani, „The Working Memory Collection”, 60 x 80 cm,
2020
Alice von Alten, „Pink Mountain”, Acryl auf Leinwand, 80 x 60 cm, 2020
“Urban Landscape”,
Teppich-Stücke auf OSB-Platte, 300 x 200 cm, 2016
Hanna Burkart, „What will I do here?”, site specific
work, 2020
Christina Gruber, „Suns of the Cloud“, 3-Kanal Videoinstallation Full HD, 4:45 min,
2020
Nadine Hirschauer, „Astronaut“, Installation, Wetterballon, Texte von Arnold Maxwill,
Ø
280 cm, 2017-2020
Benedikt Meixl, „Your Cloud Storage is Almost Full“, 20 analoge schwarz-weiß
Fotos, 39,5 x 26,7 cm, 2020
Irene Reichart, „Der Titel ist der erste Schritt ins Feld“, interaktiv,
Dimension variabel, 2020