Gabriele
Jutz
Institut für Bildende und Mediale Kunst
Bis heute schwingt im Begriff
der Filmavantgarde der Gedanke mit, ein Film sei um so avantgardistischer, je "reiner" er sei: je mehr er seine medienspezifische
Bedingtheit (seine "Essenz") inszeniere und sich von anderen Künsten "befreie". Diesem modernistischen Diskurs des Purismus,
der sich auch in der aktuellen post-medium condition hartnäckig hält, stellt die vorliegende Studie einer alternativen
Phänomenologie und Genealogie des Avantgardefilms gegenüber, die nicht das Reine, sondern das "Unreine" zum Maßstab nimmt:
Mit der expanded cinema-Aktion, dem handmade- und dem found footage-Film stellt sie dem Cinéma
pur ein Cinéma brut gegenüber, dessen Dispositive und Praktiken sich am Schmutzigen und Essenzfreien,
an Formverlust und Grenzüberschreitung orientieren. Ausgehend von kunst- und kulturtheoretischen Debatten um Materialität
und Performance, Index und informe und Spur werden zunächst Grundzüge des Cinéma brut systematisiert, um
sodann anhand exemplarischer Analysen Eckpunkte einer "unreinen" Geschichte der europäischen und nordamerikanischen Filmavantgarde
zu markieren.
Publikation: www.ambra-verlag.at/cinema-brut