Duras' Poetik der Intermedialität wird in beantragtem Forschungsprojekt
an diskursgeschichtliche, erkenntnistheoretische, ethische, soziale und politische Aspekte zurückgebunden werden: Die bildtheoretische
Auseinandersetzung um kinematographisches Schreiben und literarisches Filmen, um Lesen als Zuschauen und Zuschauen als Lesen
und die Analyse der daraus resultierenden spezifischen Bildsprache soll in einen gedanklichen Rahmen kulturwissenschaftlicher
Fragen gestellt werden. Die das filmische Oeuvre der Duras charakterisierende Entleerung im Bildlichen und die diese Entleerung
hervorbringenden künstlerischen Strategien sollen als Verfahrensweisen erkennbar werden, die dem Denken von Alterität, kultureller
Differenz und Geschlechterdifferenz korrespondieren. Die Analyse der Duras'schen filmischen Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus,
mit der Un/Darstellbarkeit von Katastrophe und Geschichte, insbesondere der Shoah, der Undarstellbarkeit von Schmerz, mit
den Modi des Autobiographischen und mit Weiblichkeit soll zu einer präziseren Rekonstruktion ihrer Poetik führen und deren
Genese klären.
Es interessieren vor allem die Überschneidungen zwischen einer komplexen Auseinandersetzung mit dem
Kolonialismus und der Repräsentation von Geschlechtlichkeit, die zu einem Exponieren von Leerstellen, zu einer Poetik des
Unverfügbaren geführt haben. Zeitgenössische philosophische Debatten um Erfahrung, Präsenz und Anerkennung werden mit filmästhetischen
Debatten verknüpft, um Bildsprache und Autorinnenposition der Duras präziser herausarbeiten zu können. Dabei kommen Forschungsansätze
zum Tragen, die bislang weitestgehend unverknüpft geblieben sind: bildtheoretische und filmästhetische Aspekte werden mit
Dimensionen von Postkolonialität, feministischer Theorie und Geschlechtertheorie zusammengedacht. Mediale und kulturelle Übersetzung,
kulturelle Differenz, Geschlechterdifferenz, Alterität und Transgression fungieren als zentrale kritische Begriffe der Analyse.
Der Forschungsansatz des skizzierten Projektes versteht sich als ein kunstwissenschaftlicher, der Filmwissenschaften miteinbegreift
und kulturwissenschaftlich orientiert ist. Zur Debatte steht zunächst der je verschiedene Status von imaginären, textuell
erzeugten und filmischen Bildern, von Erinnerungsbildern und deren ästhetischer Kapazität und das spezifische Verhältnis von
Sprache und Bild. Kulturwissenschaftliche Fragestellungen aber werden da leitend, wo Duras' Auseinandersetzung mit Andersheit
und Differenz, Ethnizität und Geschlecht, bzw. ihr Unterfangen, diese strukturierenden Kategorien mit Hilfe ihrer spezifischen
Bildsprache zu überschreiten, interessiert.