Wissenschaftliche Forschung

Ein anderes Kino: Die Filme der Marguerite Duras

Edith Futscher

Institut für Kunstwissenschaften
Duras' Poetik der Intermedialität wird in beantragtem Forschungsprojekt an diskursgeschichtliche, erkenntnistheoretische, ethische, soziale und politische Aspekte zurückgebunden werden: Die bildtheoretische Auseinandersetzung um kinematographisches Schreiben und literarisches Filmen, um Lesen als Zuschauen und Zuschauen als Lesen und die Analyse der daraus resultierenden spezifischen Bildsprache soll in einen gedanklichen Rahmen kulturwissenschaftlicher Fragen gestellt werden. Die das filmische Oeuvre der Duras charakterisierende Entleerung im Bildlichen und die diese Entleerung hervorbringenden künstlerischen Strategien sollen als Verfahrensweisen erkennbar werden, die dem Denken von Alterität, kultureller Differenz und Geschlechterdifferenz korrespondieren. Die Analyse der Duras'schen filmischen Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus, mit der Un/Darstellbarkeit von Katastrophe und Geschichte, insbesondere der Shoah, der Undarstellbarkeit von Schmerz, mit den Modi des Autobiographischen und mit Weiblichkeit soll zu einer präziseren Rekonstruktion ihrer Poetik führen und deren Genese klären.

Es interessieren vor allem die Überschneidungen zwischen einer komplexen Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus und der Repräsentation von Geschlechtlichkeit, die zu einem Exponieren von Leerstellen, zu einer Poetik des Unverfügbaren geführt haben. Zeitgenössische philosophische Debatten um Erfahrung, Präsenz und Anerkennung werden mit filmästhetischen Debatten verknüpft, um Bildsprache und Autorinnenposition der Duras präziser herausarbeiten zu können. Dabei kommen Forschungsansätze zum Tragen, die bislang weitestgehend unverknüpft geblieben sind: bildtheoretische und filmästhetische Aspekte werden mit Dimensionen von Postkolonialität, feministischer Theorie und Geschlechtertheorie zusammengedacht. Mediale und kulturelle Übersetzung, kulturelle Differenz, Geschlechterdifferenz, Alterität und Transgression fungieren als zentrale kritische Begriffe der Analyse.
Der Forschungsansatz des skizzierten Projektes versteht sich als ein kunstwissenschaftlicher, der Filmwissenschaften miteinbegreift und kulturwissenschaftlich orientiert ist. Zur Debatte steht zunächst der je verschiedene Status von imaginären, textuell erzeugten und filmischen Bildern, von Erinnerungsbildern und deren ästhetischer Kapazität und das spezifische Verhältnis von Sprache und Bild. Kulturwissenschaftliche Fragestellungen aber werden da leitend, wo Duras' Auseinandersetzung mit Andersheit und Differenz, Ethnizität und Geschlecht, bzw. ihr Unterfangen, diese strukturierenden Kategorien mit Hilfe ihrer spezifischen Bildsprache zu überschreiten, interessiert.