Projektleiter: Univ.-Prof. Dr. Michael Wagreich, Universität Wien
Projektpartnerin: Univ.-Ass. Mag.art. Katrin Hornek,
Universität für angewandte Kunst Wien, Abteilung Ortsbezogene Kunst
Mitarbeiterinnen: Kira Lappé, Maria Meszar MSc, Universität
Wien
Projektlaufzeit: 01.01.2018 - 31.12.2023
Kooperationen: MA 29 Grundbau – Christine Jawecki, Stadtarchäologie
Wien – Martin Mosser, Geologische Bundesanstalt – Clemens Porpaczy, BOKU – Erich Draganits, Matt Edgeworth (Department of
Archaeology & Anthropology, University of Cambridge)
Fördergeber: WWTF, Emerging Field Grant (Fakultät für
Geowissenschaften, Geografie und Astronomie)
Der Begriff des Anthropozäns wird heute
vielfach verwendet und ist zum Inbegriff für den vom Menschen verursachten globalen Wandel geworden. In den Geowissenschaften
steht dieser Terminus für menschliche Eingriffe in geologische Prozesse und die Spuren, die der Mensch in den Ablagerungen
hinterlässt. In kunstverwandten Feldern befragen aktuelle (Post-)Anthropozän-Debatten sich wandelnde Narrative und Verbindungen
von „Kultur“ und „Natur“.
Unter diesen Vorzeichen kartieren, quantifizieren und kontextualisieren
ForscherInnen der Universität Wien und der Universität für angewandte Kunst Wien unter der Leitung des Sedimentologen Michael
Wagreich die menschengemachte Schuttdecke Wiens und leisten damit einen Beitrag zur aktuellen Debatte um ein neues Erdzeitalter.
Das
interdisziplinär angelegte Forschungsprojekt arbeitet mit unterschiedlichen Methoden. Einerseits wird mithilfe von (historischen)
Karten und bereits vorhandenen Datenbanken – wie Bohrkerndaten bzw. Daten der Wiener Stadtarchäologie – die räumliche und
zeitliche Entwicklung des Anthropozäns von den Römern bis heute rekonstruiert. Ziel ist es, ein dreidimensionales Modell aus
GIS-implementierten Daten (GIS ist ein geografisches Informationssystem) zu entwickeln. Die Herausforderung hierbei liegt
darin, datenlose, „blinde“ Stellen hochzurechnen und durch räumliche Interpolationsverfahren zu interpretieren. Das Anwachsen
der anthropogenen Einflussnahme wird andererseits mittels geochemischer Methoden untersucht. Zur Charakterisierung und Unterscheidung
der Lagen im Sedimentationsarchiv werden hierzu Proben auf deren Inhalte und Schwermetallanteile erforscht, um materialbasierte
Zeithorizonte im Modell ziehen zu können.
Parallel dazu erarbeitet die bildende Künstlerin Katrin
Hornek einen Essay-Film, der das Gebilde des gewachsenen Wiener Untergrundes in Raum, Zeit, Masse und Ausbreitungsgeschwindigkeit
darstellt. Sowohl die materiellen Ablagerungen als auch deren digitale Repräsentationen werden erfasst. Hierzu wird dem Digitalisierungsprozess
der anthropogenen Schichten in eine 3D-modellierte Landschaft gefolgt – von der physischen Probe zum Datensatz, vom Erdkörper
zum Avatar, vom Standort zur trackbaren Geolocation. Der Film analysiert Berührungspunkte zwischen Analogem und Digitalem,
um mögliche Korrelationen und wuchernde Netzwerke nachzuzeichnen.