Leitung: Gastprof.
Dr.phil. Helmut Draxler
Ein Gegenstand der Kunst ist nicht einfach gegeben.
Kunsttheorie beschäftigt sich mit den historischen und gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen die Kunst in den heutigen
Gesellschaften erscheinen kann. Zu diesen Bedingungen gehören die für die Moderne kennzeichnenden Aufteilungen zwischen einer
(autonomen) Kunst und vielen (angewandten) Künsten, zwischen der Kunst und der Gesellschaft oder auch zwischen der Kunst als
Idee und den konkreten Praktiken ihrer Inanspruchnahme. Die Rekonstruktion dieser Aufteilungen und der dadurch bedingten besonderen
Verhältnisformen, wie sie die heutige Kultur in ihren konkreten Erscheinungsweisen ebenso wie in ihren institutionellen Strukturen
prägen, stellt das grundlegende Ziel der Abteilung dar.
Darüber hinaus lässt sich Kunsttheorie jedoch auch als
eine Orientierungsdisziplin in unübersichtlich gewordenen Zeiten verstehen. Denn die globale Gegenwartskunst kann im Unterschied
zur Modernen Kunst nicht mehr als eine eindimensionale Geschichte mit klarem Anfang und Ziel erzählt werden; sie ist immer
schon mit den komplexen Anlässen ihres Erscheinens, etwa einer höchst differenzierten Ausstellungslandschaft verwoben und
sie steht in vielfältigen Austauschverhältnissen mit Medien, Kultur und Politik. Deshalb muss Kunsttheorie die vielfältigen
Koordinaten freilegen, nach denen Kunst heute bewertet bzw. in ihren Möglichkeiten und Chancen erfasst werden kann. Solche
Koordinaten betreffen das Lokale und das Globale ebenso wie das Aktuelle und das Historische, das spezifisch Künstlerische
und das allgemein Kulturelle. Auch hier geht es weniger um eindeutige Zuordnungen im Sinne eines strikten Gegeneinanders wie
es typisch für die klassische Moderne war, sondern um spezifische Verhältnisformen. Das heißt, nur zwischen dem Lokalen und
dem Globalen, dem Aktuellen und dem Historischen, dem Künstlerischen und dem Kulturellen lassen sich die besonderen Erzählformen
der Gegenwartskunst, ihre Subjektivitäts- wie Kollektivitätsentwürfe und ihre politischen Einsätze diskutieren.
Die
Abteilung will daher keine kanonische Geschichte der Kunsttheorie/Ästhetik bieten, sondern punktuelle Ansätze, Kunsttheorie
als Reflexion des Problemzusammenhangs der Kunst zu begreifen.
Helmut Draxler