Wiedereröffnung der Ausstellung in der Universitätsgalerie
der Universität für angewandte Kunst ab Mittwoch, 13.05. 2020- Laufzeit bis 27.06.2020
Die Universität für angewandte
Kunst Wien freut sich sehr, die Wiedereröffnung ihrer Ausstellung in der Universitätsgalerie ankündigen zu können. Ab übermorgen,
Mittwoch, 13. 5.2020, ist unter flaschen – Die Fledermaus in der Bar du Bois wieder zugänglich. Die Schau sollte ursprünglich
am 10.3.2020 eröffnet werden, was jedoch aufgrund der COVID19-Schließungen nicht möglich war, da die Angewandte genau an diesem
Tag die bereits absehbaren Sicherheitsregeln in Kraft setzte.
Mit der Wiedereröffnung der
Ausstellung gehen einige COVID19-bedingte Maßnahmen einher, über die auch im Eingangsbereich informiert wird: Der Einlass
ist nur einzeln möglich und die Besucher*innen werden gebeten, Mund- und Nasenschutz zu tragen und den Sicherheitsabstand
von mind. 1,5 Metern einzuhalten. Die maximale Personenanzahl, die sich gleichzeitig in den Ausstellungsräumen aufhalten kann,
liegt bei 30. Die regelmäßige und ausreichende Reinigung und Desinfektion sämtlicher zugänglicher Orte wird vorgenommen und
wir ersuchen die Besucher*innen die zur Verfügung gestellten Handdesinfektionsmittel zu benutzen.
Das
Kabarett Fledermaus war ein Ort der Verwandlung und Emanzipation. Nun ist dieser wichtige Ort der Wiener Moderne gewissermaßen
doppelt „wiedererstanden“. Die Hochphase des Kabarett Fledermaus erstreckte sich in etwa von 1907 bis 1909. Der bis heute
legendäre Ort war aufwendig von den Protagonist*innen der Wiener Werkstätte konzipiert und ausgestaltet worden und löste durch
sein Programm, das multimediale Kunstproduktion, Diskurs und soziale Interaktion auf neue Weise vereinte, einen Rausch für
alle Sinne aus. Die Ästhetik der Wiener Werkstätte, die besonders durch den Industriellen, Mäzen und Stilexperten Fritz Waerndorfer
mitangeleitet und finanziert wurde, fungierte dabei als eine wichtige Form emanzipatorischer Selbstbehauptung im Kampf um
kulturelle Anerkennung einer jüngeren Generation des jüdischen Bürgertums, die angesichts von Ressentiments und Antisemitismus
nicht selbstverständlich war. Fritz Waerndorfer wollte mit der Finanzierung des Theaters seine Rolle als Produzent modernistischer
Kultur festigen. Abgesehen von Waerndorfer gab es keine externen Auftraggeber. Dies ermöglichte einen künstlerischen Freiraum,
der sich nicht nur in der architektonischen Gestaltung, sondern auch im lebendigen und progressiven Programm des Kabarett
Fledermaus spiegelte. Dies lässt sich heute nur mehr durch dokumentarisches Material nachvollziehen, da das Gebäude 1945 völlig
zerstört wurde.
Bar du Bois ist eine Wiener Künstler*innengruppe, die in unterschiedlichen Besetzungen
seit 2013 besteht. Bar du Bois ist buchstäblich aber auch eine Bar: Eine Bar auf Wanderschaft. Ihre Möbel werden von Künstler*innen
gebaut und sie wird von Künstler*innen betrieben. Die künstlerische Praxis von Bar du Bois verknüpft zahlreiche Agenden, wie
die Arbeit im Kollektiv, die Infragestellung von Hierarchien im Kunstsystem, die Befragung des Ausstellungsraumes als Ort
der Repräsentation, der Einsatz einer Travestie von Stilen und Formensprachen, die zum jeweiligen Ausstellungsort in Bezug
gesetzt werden. Die Arbeit der Gruppe ist im Kontrast zur wiedererkennbaren künstlerischen Autorschaft etabliert und beinhaltet
eine Auseinandersetzung mit der Warenfixiertheit des Kunstmarktes und der Geschichte des White Cube. Statt an solch etablierte
Standards glaubt Bar du Bois (deutsch: Bar aus Holz) an das komponierte Durcheinander des künstlerischen Kollektivs. Sie zelebrieren
das Patchwork und den Rausch, der die Ideen belebt und die sozialen Monaden zueinander bringt. Durch die Etablierung eines
eigenen Netzwerkes in Form eines temporären Offspace mit Bar suchen sie nach aktuellen Möglichkeiten für konstruktive Gegenwelten
und kollaborative Strategien im Kunstfeld. Der jeweilige Ausstellungsraum wird in seiner Gesamtheit künstlerisch verhandelt
und kommentiert und durch Trompe-l'œil-Techniken transformiert.
In Zusammenarbeit mit Studierenden der Abteilung
Skulptur und Raum (Leitung: Hans Schabus) wurden im Rahmen einer Lehrveranstaltung von Eva Engelbert unterschiedliche Aspekte
des historischen Kabarett Fledermaus einbezogen, künstlerische Strategien der De-/Rekonstruktion bzw. der Aktualisierung von
Geschichte untersucht und Fragen nach Möglichkeiten eines konstruktiven Eskapismus gestellt.
Eingeladen von Kunstsammlung
und Archiv zeigt dieses Kollektiv in der Universitätsgalerie im Heiligenkreuzer Hof die Ausstellung unter flaschen. Die Fledermaus
in der Bar du Bois. Bar du Bois bezieht sich dabei auf das Kabarett Fledermaus als Ort, der für emanzipatorische ebenso wie
eskapistische Tendenzen stand. Einerseits in seiner Rolle im Kampf um künstlerische Selbstermächtigung, andererseits durch
sein performatives Programm, das neben experimentellen Tanzaufführungen der Schwestern Wiesenthal auch absurde Grotesken von
Peter Altenberg ermöglichte.
Besonders um die Bar des Kabaretts ranken sich schillernde Berichte
von Zeitgenoss*innen, unter anderem wurde sie als „bunte Gräuelgrotte“ bezeichnet, die mit zahlreichen „satirischen Anspielungen“
ausgestattet war. Als „geniale Einleitung“ bzw. als „Dekorprolog“ bezeichnete Berta Zuckerkandl den Barraum des Kabaretts,
dessen Wände durch ein Mosaik aus tausenden Fliesen gestaltet wurde und dessen lebhaftes Farbenspektakel geradezu psychedelisch
wirkte.
Dieses ungewöhnliche Raumexperiment hat die Abteilung Kunstsammlung und Archiv 2019 nach dem einzigen noch
existierenden Schwarz-Weiß-Foto in Form einer stilistischen Adaption des keramischen Dekors in Kooperation mit Expert*innen
und Künstler*innen rekonstruiert. Somit ist es nun möglich der künstlerischen Vision dieses ungewöhnlichen Etablissements
nachzuspüren. Die Rekonstruktion nach Entwürfen von Josef Hoffmann, Bertold Löffler und Michael Powolny ist/war in der Ausstellung
„Into the Night. Die Avantgarde im Nachtcafé“ im Belvedere Wien zu sehen.
Seit 2003 verfügt die Kunstsammlung über
ein Maßstabsmodell des Kabarett Fledermaus, das als begehrtes Ausstellungsmodell durch die Welt reist. Als wichtiges Zeugnis
der Wiener Moderne ist es nun ergänzt durch eine begehbare „Innenwelt“.
Beteiligte
Künstler*innen:
Chiara Bals, Diana Barbosa Gil, Katrine Bobek, Eva Engelbert, Daniel Fonatti, Johannes Frauenschuh,
Andreas Harrer, Anna Hostek, Anastasia Jermolaewa, Gea Kalkhof, Selma Klima, Leena Lübbe, Felizitas Moroder, Ann Muller, Florian
Pfaffenberger, Raphael Pohl, Carolina Rotter, Lisa Sifkovits, Julia Steinbach, Stefan Thater, Julian Turner, Maria VMier,
Astrid Wagner, Johanna Odersky, Bartholomaeus Wächter, Laura Welker
Wiedereröffnung der Ausstellung:
Mittwoch, 13. Mai 2020
Ausstellungsdauer: 13.05. – 27.06.2020
Mittwoch bis Samstag von 14 bis 18 Uhr
Ort:
Universitätsgalerie im Heiligenkreuzer Hof, Heiligenkreuzer Hof Stiege 8, 1.Stock, Schönlaterngasse 5, 1010 Wien